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Flammschutzmittel in Bodensee-Organismen (FLABO)
Flammschutzmittel in Bodensee-Organismen
(FLABO)
Date du début: 31 déc. 2007,
Date de fin: 30 oct. 2009
PROJET
TERMINÉ
Allgemein Das Vorkommen von organischen Mikroverunreinigungen im Bodensee ist durch verschiedenste Studien belegt. Vor allem persistente lipophile organische Verbindungen, werden in Sedimenten abgelagert und können sich in Fischen und Muscheln anreichern. Als typischer Vertreter dieser persistenten Mikroverunrei-nigungen sind die polychlorierten Biphenyle (PCB) zu nennen, die wegen ihrer ubiquitären Verteilung, ihrer Bioakkumulation und nicht zuletzt wegen verschiedener toxikologischer Aspekte seit Ende der 1970 er Jahre weitgehend verboten sind. Aufgrund ihrer Persistenz sind sie aber nach wie vor in der Umwelt nachweisbar. Polybromierte Diphenylether (PBDE) sind den PCB strukturell und auch hinsichtlich ihrer chemisch-physikalischen Eigenschaften sehr ähnlich. Sie werden seit den 1970er Jahren als Flammschutzmittel in Kunststoffen und Textilien eingesetzt. Ähnlich wie bei den PCB konnten für diese Substanzklasse in den letzten Jahrzehnten ansteigende Umweltkonzentrationen festgestellt werden. Für die kommerziellen Mi-schungen bestehen nach einer Richtlinie der Europäischen Union zur Beschränkung der Verwendung gefähr-licher Stoffe (RoHS 2002/95/EC) seit 2002 und 2004 (EU-Beschränkungsrichtlinie 76/769/EWG; 2003/11/EC) Verbote. Das vollbromierte DecaBDE wurde befristet bis Juni 2008 von der Verbotsverordnung ausgenommen, das Verbot nach RoHS gilt für diesen Stoff aber seit Juli 2008 wieder. Die polybromierten Diphenylether wurden auch in die Liste der prioritär gefährlichen Substanzen der EU-Wasserrahmenrichtlinie aufgenommen. Ab 2000 zeigt sich ein abnehmender Trend bei den PBDE-Konzentrationen in Muttermilch-untersuchungen. Ergebnisse aus 2004/05 vorgenommenen Untersuchungen zum Vorkommen organischer Mikroverunreini-gungen in Bodenseesedimenten zeigten, dass – bei einem insgesamt niedrigen Belastungsniveau – bei den polybromierten Diphenylethern jedoch ein Trend zu ansteigenden Konzentrationen in jüngeren Sediment-schichten zu beobachten war. Im Rahmen des vorliegenden Projektes wurden die PBDE und zur Vergleichbarkeit die PCB als „klassische“ Mikroverunreinigungen in Fischen, Muscheln und Sedimenten des Bodensees bestimmt. Für die Untersu-chungen wurden als bodenlebende Fischart Brachsen (Abramis brama) und als eine ihrer Nahrungsgrundla-gen die Zebramuschel (Dreissena polymorpha) ausgewählt. Bei der Auswahl der Probenahmepunkte wurden Gebiete im Mündungsbereich der baden-württembergischen Bodenseezuflüsse Schussen und Argen, Bereiche in der Bregenzer Bucht, auf der schweizerischen Seite die Steinacher Bucht und der Untersee bei Hornstaad ausgewählt. Zusätzlich erfolgten Probennahmen im Mün-dungsbereich der Seefelder Aach und an der tiefsten Stelle des Bodensee-Obersees. Die Positionen der sieben Probenahmebereiche sind in Abb. 1 dargestellt. Die Sedimententnahmen erfolgten im Oktober 2008 jeweils in einem Gebiet von ca. 200 m x 200 m durch 10 Einzelproben je Bereich. Eine Entnahme von Muscheln wurde mit Ausnahme der tiefsten Stelle im gleichen Probenahmebereich durchgeführt. Von ortsansässigen Fischern wurden insgesamt 547 in den Beprobungsge-bieten gefangene Fische zur Verfügung gestellt. Untersuchungsergebnisse PCB und PBDE ließen sich in allen untersuchten Umweltkompartimenten nachweisen. Die ansteigenden Konzentrationen in der Reihe Sediment – Muschel – Fisch weisen auf die Anreicherung der Substanzen entlang der Nahrungskette hin. So steigerten sich die auf Trockensubstanz bezogenen Mediankonzentrationen der PCB von den Sedimenten zu den Muscheln um einen Faktor 2,6, von den Muscheln zu den Fischen um einen weiteren Faktor 5,8. Die PBDE wurden entlang der Nahrungskette um einen Faktor 2,4 bzw. 4,0 ange-reichert. Die Mediankonzentrationen der PCB6 (Summe der sechs Indikator-PCB) lagen bei den nach Untersuchungs-regionen eingeteilten Sedimenten zwischen 2,3 μg/kg TS und 21,8 μg/kg TS. Abgesehen von wenigen punk-tuellen Spitzen zeigten die PCB eine gleichmäßige Verteilung bei insgesamt niedrigem Konzentrationsni-veau, das mit Untersuchungsergebnissen aus den Jahren 2004/2005 vergleichbar ist. Ein insgesamt höheres Konzentrationsniveau konnte lediglich in den Sedimentproben aus dem Untersuchungsgebiet Untersee fest-gestellt werden. Die Konzentrationen der PCB unterschritten bei allen untersuchten Sedimenten die Quali-tätsziele der VO-WRRL bzw. die Qualitätsnormen nach 76/464/EWG für Sedimente und Schwebstoffe (20 μg/kg TS pro Einzelkongener). Bei Anwendung der strengeren Zielvorgaben nach ARGE-ELBE (5 μg/kg TS pro Einzelkongener) treten bei 10 von 62 untersuchten Sedimenten Überschreitungen auf; acht der Über-schreitungen wurden in Proben aus dem Untersee festgestellt, die anderen zwei Proben stammten aus dem Gebiet Seefelder Aach. Getrennte Untersuchungen der oberen und unteren Sedimentschichten deuten auf abnehmende Konzentrationen in den oberen Schichten hin. Die Konzentrationen der PBDE sind in den untersuchten Sedimenten sehr gering und erreichen lediglich im Untersuchungsgebiet Seefelder Aach Medianwerte von 1,4 μg/kg TS (PBDE7). Eine Korrelation der PCB mit dem PBDE ist wegen der niedrigen, diffusen Hintergrundkonzentrationen der PBDE i.A. nicht erkennbar. Die Verhältnis PCB6:PBDE7 streute über einen Bereich von ca. 4:1 bis zu 10:1. Bei höheren Konzentrationen, wie sie z.B. im Untersuchungsgebiet „Seefelder Aach“ auftreten, zeichnet sich ein linearer Zusammenhang zwischen den PCB und PBDE ab. Eine Interpretation der Befunde hinsichtlich unterschiedlicher regionaler Eintragsquellen- und Transportcharakteristika der Substanzklassen bedarf einer Bestätigung durch weitere Untersuchungen. Die Kongenerenprofile der PCB6 sind sehr einheitlich und weisen Übereinstimmungen mit der technischen Chlophen-A60-Mischung auf. Für die PBDE wurden in den meisten Sedimentproben Vertei-lungen gefunden, die der technischen Pentabromdiphenylether-Mischung ähnlich sind. In den sieben nach den Untersuchungsgebieten aufgeteilten Poolproben der Muscheln (Dreissena poly-morpha) lagen die Konzentrationen der PCB6 bezogen auf das Frischgewicht zwischen 1,8 und 4,6 μg/kg, für die PBDE wurde ein Konzentrationsbereich von 0,2 – 0,53 μg/kg ermittelt. Eine Abhängigkeit von den Konzentrationen der korrespondierenden Sedimente konnte nicht festgestellt werden. Die Kongenerenprofile mit dominierenden PCB-153 und BDE-47 entsprechen weitgehend den auch in den Sedimenten festgestellten Verteilungen. Für die Konzentrationen der PCB6 und der PBDE7 wurde in Dreissena polymorpha ein Ver-hältnis von etwa 9:1 ermittelt. In den Filets der Brachsen (Abramis brama) lag der Medianwert der PCB6 bezogen auf das Frischgewicht bei 22,2 μg/kg. Als maximale Konzentration wurden 298 μg/kg Frischgewicht gefunden. Für das Verhältnis der PBDE zu den PCB konnte ein gleichmäßiger Wert von etwa 12:1 ermittelt werden. Während das von PCB-153 dominierte Kongenerenprofil der PCB nur wenig Unterschiede zu den Verteilungen in Sediment und Muscheln zeigte, wichen die PBDE-Kongenerenprofile im Einklang mit verschiedenen Befunden aus der Literatur erheblich von den Verhältnissen in den anderen Matrices ab. Als dominierendes Kongener trug das tetrabromierte BDE-47 sehr regelmäßig 75 % an der Summe der untersuchten PBDE bei. Eine in der Litera-tur beschriebene Abweichung der PBDE-Kongenerenreihenfolge konnte auch für die Brachsen bestätigt werden: das pentabromierte Kongener BDE-100 überwiegt im Abweichung von technischen PBDE-Mischungen das Kongener BDE-99 erheblich; das Verhältnis in den Fischen wird also stark von isome-renspezifischen Besonderheiten, die sich auf die Aufnahme oder den Abbau der Einzelkongenere auswirken, beeinflusst. Interessanterweise tritt das für die Brachsenfilets typische PBDE-Kongenerenmuster mit der formalen Anreicherung des pentabromierten BDE-100 gegenüber dem Kongener BDE-99 auch schon in Haut- und Kiemenproben der untersuchten Fische auf. Diese Beobachtung könnte ein Indiz dafür sein, dass die typischen Verschiebungen der PBDE-Kongenerenprofile nicht nur durch metabolische Prozesse, sondern auch schon durch eine isomerenspezifische Aufnahme verursacht werden können. Die Beobachtung wirft auch die Frage nach den konkreten Matrices auf, aus denen z.B. die Fische die Substanzen aufnehmen. Neben den Nahrungsgrundlagen der Fische sollten auf jeden Fall Austausch- und Aufnahmeprozesse über die Was-serphase – hier sind PBDE und auch PCB in sehr niedrigen Konzentrationen verfügbar – und über Schweb-stoffe des Bodensees berücksichtigt werden. Ein direkter Vergleich der Belastungssituation von Sedimenten und Schwebstoffen lässt Unterschiede für die Konzentrationsverhältnisse und die Verfügbarkeit der Sub-stanzklassen erwarten. Die Kongenerenprofile der PCB und der PBDE zeigen bezogen auf die Leitkongenere keine Veränderungen in Abhängigkeit von Fischgewicht, Körperlänge und Fettgehalt. Dies scheint auch bei der überwiegenden Anzahl der untersuchten Proben auch in Bezug auf die Konzentrationen der Substanzen zuzutreffen. Basie-rend auf dem vorliegenden Datensatz konnte keine signifikante Abhängigkeit der Konzentrationen vom Alter der Fische ermittelt werden. Beobachtet werden konnte ein Trend zu steigenden Konzentrationen mit zuneh-mendem Fettgehalt der Filets. Eine einfache Korrelation des Fettgehalts mit dem Fischalter ließ aber nicht ermitteln. Ausgeprägte regiospezifische Unterschiede oder Abhängigkeiten der PCB- bzw. PBDE-Gehalte der Brachsenfilets von den Konzentrationen der korrespondierenden Muschel- und Sedimentproben konnten nicht festgestellt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass höhere Bodenseeorganismen wie Abramis brama im Vergleich zu den untersuch-ten Muscheln vermehrt lipophile Mikroverunreinigungen wie PCB und PBDE anreichern können. Das Ver-hältnis PCB6:PBDE7 ist in den Fischfilets mit ca. 12:1 gegenüber den Muscheln (ca. 9:1) etwas erhöht. Dies könnte als Indiz für unterschiedliche Aufnahme- oder Abbaumechanismen für die beiden Substanzklassen gewertet werden. Die in die Brachsenfilets bestimmten PCB-Konzentrationen (bez. Frischgewicht) liegen für die Medianwerte und auch für die Maximalwerte deutlich unterhalb der gesetzlich festgelegten Grenzwerte (Schadstoff-höchstmengen-Verordnung SHmV: Neufassung Juli 2006). Für die PBDE, die in deutlich geringeren Kon-zentrationen vorliegen, bestehen bislang weder eindeutige Richtwerte noch Empfehlungen. Von einer Gefährdung des Menschen über einen möglichen Verzehr der Fische ist nicht auszugehen und ein Übergang der lipophilen PCB/PBDE in das Trinkwasser erscheint wenig wahrscheinlich, da schwerlösliche Stoffe – auch wenn sie partikulär gebunden im Rohwasser vorliegen sollten – bei der Wasseraufbereitung im Allgemeinen gut entfernbar sind. Zu beachten ist aber, dass die PBDE in die Liste der prioritär gefährlichen Substanzen der EU-Wasserrahmenrichtlinie aufgenommen wurden. Für die PBDE werden als Umweltquali-tätsnorm für Binnenoberflächengewässer Jahresdurchschnittskonzentrationen von 0,5 ng/L genannt (JD-UQN; als Jahresdurchschnitt ausgedrückte Umweltqualitätsnorm nach Richtlinie 2008/105/EG v. 16.12.2008). Da eine Beeinflussung bzw. Gefährdung der aquatischen Umwelt durch die Vielzahl an organi-schen Mikroverunreinigungen – zu denen auch die PBDE und PCB gehören - mit größtenteils unbekannten Effekten und Synergismen nicht auszuschließen ist, ist jede Maßnahme, die zu einer Verringerung des Sub-stanzeintrags in die aquatische Umwelt führt, als wichtiger Beitrag im Sinne eines vorsorgliches Gewässer-schutzes und auch zur Gewährleistung der Trinkwasserqualität in der Zukunft zu erachten. Achievements: Zu Beginn des Projektes wurde ein Konzentrationsanstieg der PBDE Flammschutzmittel in jüngeren Boden-seesedimenten beobachtet. Es zeigt sich jetzt grenzüberschreitend, dass im Bodensee seit 2004/05 keine weitere Zunahme stattgefunden hat. Dennoch reichern sich die untersuchten anthropogenen Schadstoffe PBDE und PCB in Muscheln und Fischen an, so dass international weiter an einer Verringerung der Einträge dieser Stoffe in die Umwelt gearbeitet werden sollte.
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